Die Serie aus den Jahren 1985 und 86 ist heute aktueller denn je. Ich malte sie mithilfe von Vorlagen aus Pressebildern und aus dem Buch “Es geschah in Deutschland”, die ich teilweise mit eigenen Vorstellungen mischte. Die Kuh, die zusammen mit Helfer und einem Pferd die Flutkatastrophe von Hamburg 1962 bezeugt, oder der Waldbrand, der die Erinnerung an eine Hexenverbrennung wachruft, sind Beispiele für solche Hybride. Andere wurden 1:1 aus dem Vorbild übernommen, aber durch die großformatige Malerei transformiert.

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Fabian Steinhauer sagt anlässlich der Flutkatastrophe 2021: “Es wurde für 1524 eine große Flut vorausgesagt – es gab schon damals viel Ratgeberliteratur, wie man damit umgehen sollte. Und Luther bemerkte relativ schnell, diese Flut ist ja gar nicht eingetreten und machte sich dann über die Astrologen lustig, auch über die Bilder dieser Sintfluten. Er merkte aber auch, dass diese Bilder gleichzeitig so aussahen wie der Beginn der Bauernkriege ein Jahr später. Auch da sieht man, dass solche Ereignisse deshalb so irritierend sind, weil – egal wie real sie sind -, immer etwas Symbolisches mitläuft. Und der Witz, den man daraus macht, ist ja nur ein Versuch, dieses seltsame Aufklaffen der Realität irgendwie wieder zusammenbringen. Ob in Schreckenserzählungen oder in Witzen, ich glaube, die Funktion ist, erst mal wieder einen Boden unter die Füße zu bekommen…. Auch solche historischen Vergleiche muss man nochmal relativieren. Im Moment ist es so, dass die Leute dort vor Ort noch im Schock gefasst sind: Die müssen erst mal aufräumen, den Schlamm aus dem Keller bringen. Ich bringe aus der Entfernung ja erst mal nur eins: Distanz. Und das können die Leute vor Ort im Moment vielleicht nicht unbedingt gebrauchen, aber vielleicht der mediale Apparat: Da helfen solche historischen Bilder immer ganz gut, weil sie erst einmal so etwas ermöglichen wie die Dinge nicht beim Wort nehmen, das Bild nicht beim Bild nehmen, verstehen, dass da etwas Schreckliches passiert, aber eben gleichzeitig auch etwas weitergeht. … Diese alten Bilder sind ja keine Quellen oder Gründe für diese neue Katastrophe, da kehrt ja nichts Gleiches wieder. Das sind andere Ereignisse. Aber der Umweg trainiert vielleicht so eine Art Wechselbewusstsein. Eine Hauptdiskussion ist gerade die Verknüpfung zwischen Klimakatastrophe und ihrer apokalyptischen Realisierung. Die Schwierigkeit ist ja, dass die Klimakatastrophe durchaus ein neues Ereignis ist, weil man in der Klimakatastrophe so etwas wie Verursachung hat, aber diese Verursachung nichts mit der gewohnten Art von Verursachung zu tun hat – wie bei einem Verkehrsunfall. Es leuchtet den Menschen nicht ein, dass sie, nur weil sie mit ihrem Dieselfahrzeug zum Bäcker fahren, plötzlich ein Dorf zum Verschwinden bringen. Das gilt es vielleicht erst einmal zu ermessen. Diese seltsame Form von komplexer Kausalität nicht persönlich zu nehmen und trotzdem darauf zu reagieren. Denn dadurch, dass ich das nicht unmittelbar verursache, wird meine Verantwortung ja nicht unbedingt kleiner, sondern eventuell tatsächlich größer.”

Zeugin der Katastrophe

Minenunglück bei Lengede
Minenunglück bei Lengede

Waldbrand mit aufsteigenden Fichten

Wald- und Hexenverbrennung
Flut bei Hamburg
Flugzeugabsturz

Ungleiches Diptychon (Olympia)

Olympia 72/Deutsche Katastrophen (1985)- Städel Museum, Zeitgenössische Sammlung